Das Sozialgericht Bremen und der Blog

Vorab: Hiermit erkläre ich ausdrücklich, das ich weder das Sozialgericht Bremen vertrete, noch das es sich bei dieser Seite um eine Seite des Sozialgerichts Bremen handelt. ;-)

Sonntag, 01.01.2006

Wenn es nicht Dezember wäre, hätte ich es für einen April-Scherz gehalten, was dort gerade am Sozialgericht Bremen passiert ist:

Alles fing damit an, das Björn Harste (auch bekannt als Der Shopblogger) einen Brief vom Sozialgericht Bremen erhielt, in dem er zu einem Gerichtstermin eingeladen wurde -> Ladung des Sozialgerichts Bremen, von dem er gar nichts wusste. Prompt schrieb er einen Artikel in seinem Blog. Da Google Blogs liebt landet die Seite natürlich im Index und zu Weihnachten 2005 erscheint sie dann sogar in den Top 10 Suchergebnissen unter dem Suchwort: "Sozialgericht Bremen".

Weil Weihnachten ist und man (bzw. Frau) in Bremen wohl nichts besseres zu tun hat, wird nun flink ein Brief verfasst und umgehend an Björn Harste zugestellt:

"Freitag, 30. Dezember 2005

Sehr geehrter Herr Harste,

Sie betreiben eine Homepage, mit dem Header "Sozialgericht Bremen" auf der Seite www.shopblogger.de, womit Sie den Tatbestand der Namensanmaßung im Sinne von §12 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erfüllen. Der Namensschutz des §12 BGB gilt auch für Behörden. Eine Namensanmaßung im Sinne von §12 BGB liegt vor, wenn der Verletzer diesen Namen unbefugt gebraucht und dadurch schutzwürdige Interessen des Berechtigten verletzt.
Eine Verletzung solcher schutzwürdigen Interessen ist gegeben, wenn durch die unbefugte Namensverwendung eine Zuordnungsverwirrung entsteht (vgl. Urteil des LG Hannover vom 12.09.2001 - 7 O 349/01). Eine solche Zuordnungsverletzung liegt vor, da, wenn man unter Google den Namen "Sozialgericht Bremen" eingibt, Ihre Internetadresse unter den ersten zehn Treffern erscheint. Es wird suggeriert, dass es sich um eine offizielle Seite des Sozialgericht Bremen handelt. Da erst die Überschrift erscheint und dann die Seite aufgebaut wird, bleibt dieser Eindruck zunächst bestehen.
Hiermit fordere ich Sie auf, den Namen Sozialgericht Bremen auf Ihrer Seite zu beseitigen.

Anderenfalls muss ich gerichtliche Schritte einleiten.

Eine umgehende Erledigung meines berechtigten Verlangens bitte ich vorzunehmen."

Es ist einfach faszinierend, wozu unsere Gerichte (vor allem das Sozialgericht Bremen) inzwischen Zeit haben!

Auf law blog sind zu dem Fall interessante Anmerkungen nachzulesen:

... Wieso der Shopblogger aber dafür verantwortlich sein soll, was Google aus den gespiderten Daten der Seite macht - das wird einigen Erklärungsaufwand erfordern.

Aber möglicherweise meint das Sozialgericht Bremen tatsächlich, dass die bloße Erwähnung seines Namens ohne Zustimmung des Sozialgerichts Bremen auf einer Internetseite unzulässig ist. Würde das Sozialgericht Bremen damit durchkommen, wäre das wirklich eine juristische Revolution. Dann wäre zum Beispiel der (kritische) Journalismus am Ende, weil er - ohne Einverständnis der Betroffenen - keine Namen und Marken mehr nennen dürfte.

Dass es so weit jedoch nicht kommen wird, nicht mal zu Gunsten des Sozialgerichts Bremen, ergibt sich schon aus einem flüchtigen Blick in §12 des Bürgerlichen Gesetzbuches:

Wird das Recht zum Gebrauch eines Namens dem Berechtigten von einem anderen bestritten oder wird das Interesse des Berechtigten dadurch verletzt, dass ein anderer unbefugt den gleichen Namen gebraucht, so kann der Berechtigte von dem anderen Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann er auf Unterlassung klagen.

“Gebrauch” des Namens ist nicht gleichbedeutend mit Nennung des Namens. Gebrauch meint vielmehr eine Verletzung des Namensrechts. Zum Beispiel in Form von Namensleugnung, Namensanmaßung, Gebrauch zur Bezeichnung der eigenen Person / Firma, Gebrauch zur Bezeichnung eines Dritten oder Gebrauch eines gleichen Namens. Das sind die Beispiele, welche Palandt, der Standardkommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, aufführt.

Was nun aus der Sache wird? Die Blogger haben reagiert und zig Einträge zum Keyword: "Sozialgericht Bremen" sind entstanden. Die Seite "Der Shopblogger" von Björn Harste erhält täglich mehr Backlinks mit dem Keyword "Sozialgericht Bremen" und könnte nun durchaus noch ein paar Plätze vorziehen (am 1.1.2005 Platz 6 von 84.600 auf google.com, am 30.12.2005 stand er mit seiner Seite noch auf Platz 10). Schon auf Seite 2 taucht als erstes Ergebnis eine weiter Blog-Meldung zum Sozialgericht Bremen auf und so können wir durchaus vermuten, das schon in wenigen Tagen etliche weiter Seiten hinzu kommen werden.

Ob sich das Sozialgericht Bremen diese Entwicklung wirklich gewünscht hat?
Frohes neues Jahr und nach Bremen: Willkommen in der Welt des Webs!

Nachgereicht: Auf der Seite der Kanzlei Dr. Bahr gibt es eine juristische Analyse zum Rechtsstreit "Der Shopblogger vs. Sozialgericht Bremen".